Flammenwerfer by Rachel Kushner

Flammenwerfer by Rachel Kushner

Autor:Rachel Kushner [Kushner, Rachel]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783644037816
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-01-08T16:00:00+00:00


Nach sechs harten Monaten – Nadine hatte ihn inzwischen für eine Mitfahrgelegenheit nach Los Angeles sitzenlassen – hatte Burdmoore Schwein und fand rechtlichen Beistand. Ging nach New York zurück und arbeitete eine Vereinbarung mit dem Staatsanwalt aus. Sortierte sich neu und wartete auf den Bruch, der, wie er wusste, unweigerlich kommen würde.

Ob mit ihm oder ohne ihn, er würde kommen.

12.

Die Sears’sche Schaufensterpuppennorm

Wir waren einfach dran in dieser Nacht. In SoHo, wo es dunkel und leer war – keine Straßenbeleuchtung, keine geöffneten Geschäfte, nur verlassene Laderampen –, wurde jede Nacht jemand überfallen.

Wir waren wie unter einem Sargtuch nebeneinander hergelaufen. Sandro war sauer auf Talia, weil sie sich von Ronnie dazu hatte anstacheln lassen, sich ins Gesicht zu schlagen, und sauer auf mich, weil ich ihm auf der Straße, vor dem Rudy’s, betrunken und die Grenzen austestend, verkündet hatte, dass ich nach Monza fahren würde.

«Ich fahre», sagte ich. «Ich bin eingeladen worden, und das hat gar nichts mit dir zu tun. Nur mit mir.»

«Toll», sagte er. «Ganz toll. Bei deiner nächsten Aktion kannst du ihnen ja deine Titten zeigen.»

«Wie nett», sagte ich.

«So nett, wie die Firma Valera nur sein kann», sagte er. «Eigentlich noch netter, weil es eine Region menschlicher Vorzüge ist. Eine weibliche Region. Aber egal.»

Wir gingen im Dunkeln weiter, zwischen uns das dichte Schweigen zweier Sturköpfe, die sich nicht so leicht versöhnen würden. Er wollte, dass ich auf die Reise verzichtete, und ich fand es unfair, dass er so tat, als wäre meine Fahrt mit dem Spirit of Italy nichts gewesen. Es war nicht nichts, sondern vielmehr unglaublich. Und doch wurde ich hier gezwungen, mich zwischen einer echten Chance und Sandro zu entscheiden. Je mehr ich darüber nachdachte, umso wütender wurde ich, und dann tauchte der Mann aus einem Hauseingang auf.

Er hatte ein Messer in der Hand, das er von seinem Körper weghielt, als wäre es etwas Heißes, und stieß damit ruckartig nach uns. Er verlangte unsere Portemonnaies. Sandro griff in seine Gesäßtasche und zog stattdessen den Vorderlader heraus.

«Lass das Messer fallen.»

Das tat der Mann nicht.

«Du wirst ja wohl nicht auf mich schießen», sagte er zu Sandro. «Was hat dieser Scheißtyp –»

Er wollte Sandro packen. Sandro spannte den Hahn und schoss.

Eine Rauchkugel stieg auf. Das Messer landete klappernd auf dem Gehweg.

Der Straßenräuber schrie, hielt sich die Hand, krümmte sich. Aus dieser Haltung, gebückt, seine Hand umklammernd, sah er zu Sandro hoch.

«Du hast auf mich geschossen! Scheiße, ich glaub’s nicht – du hast auf mich geschossen!»

Ich fühlte das Entsetzen des Mannes wie mein eigenes.

Ich sagte, ich würde dem Mann einen Krankenwagen rufen. Wir waren nur eine Querstraße von unserem Loft entfernt. «Du bleibst lieber hier bei ihm.»

«Klar», sagte Sandro und zuckte die Schultern, als wäre das ein belangloses, kleinliches Anliegen, ähnlich der Bitte, ein Bonbonpapier aufzuheben, das er fallen gelassen hatte.

Ständig war besetzt, 911 wurde an einem Samstagabend von Anrufen überschwemmt, es gab so viele Notfälle in New York, dass ich zehn Minuten brauchte, um durchzukommen.

«Haben Sie den Schützen gesehen?», fragte die Frau in der Zentrale.

«Den Schützen?»

«Die Person, die auf das Opfer geschossen hat», sagte sie.



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